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Durchwachsene Halbzeitbilanz des Neun-Euro-Tickets und Ablehnung der Verlängerung
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Eisenbahngewerkschaft zieht verhaltene Bilanz der 9-Euro-Tickets zur Halbzeit und lehnt die Verlängerung der 9-Euro-Tickets strikt ab

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft lehnt die Verlängerung der 9-Euro-Tickets strikt ab. Anbei stellen wir Ihnen diverse Statement zur Bilanz der 9-Euro-Tickets zur freie Verfügung.

Martin Burkert, stellvertretender Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

Bilanz: Das 9 € Ticket zeigt eines ganz deutlich. Wenn das Angebot stimmt und der Preis passt, dann nehmen die Menschen den öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenpersonennahverkehr an. Das zeigen mittlerweile über 31 Millionen Fahrgäste, davon über 21 Millionen neu, die zum Teil das erste Mal mit dem Zug gefahren sind. dropbox.com

Situation der Mitarbeiter: Also der Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die oftmals über ihre Belastungsgrenze hinausgegangen sind, vor allem an Wochenenden, an Sonn und Feiertagen, in den Küstenregionen, aber auch in den Bergregionen, in Metropolen. Der Dank auch an die Kundinnen und Kunden, die Solidarität mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehabt haben. Leider kam es aber auch immer wieder zu Übergriffen und Pöbeleien bei Zügen, die mehr wie übervoll waren. dropbox.com

Forderung zum Neun-Euro-Ticket: Die EVG lehnt das 9 Euro Ticket in der heutigen Form ab. Ich sage das ganz deutlich: Wir haben eine Fürsorgepflicht auch gegenüber unseren Beschäftigten, bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen, in den Bussen. Wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen. Wir wollen über einen mittelfristigen Zeitraum zum kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr und Schinenpersonennahverkehr kommen. Das kann man über Stufen machen. Dafür eignet sich zum Beispiel ein 365 Euro Ticket, aber ein 9 Euro Ticket, das die Mitarbeiter jedes Wochenende und auch unter der Woche so belastet wie heute, können wir nicht verantworten. dropbox.com

Nächste Schritte: Ich denke, dass der Verkehrsminister und insgesamt alle, die politische Verantwortung tragen, gefordert sind. Die Erkenntnisse aus dem 9 Euro Ticket zu ziehen, dann eine vernünftige Strategie aufzusetzen. Man braucht entsprechend Personal, entsprechend Fahrzeuge. Wenn man das vorbereitet, dann kann man sicher im nächsten Jahr den öffentlichen Personennahverkehr in Gänze vernünftig und preisgünstig anbieten. Man muss ihn ausbauen, vor allem im ländlichen Raum. Dann können wir mittel- oder langfristig wirklich zum kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr wie Schienenpersonennahverkehr kommen. dropbox.com

Stand Güterverkehr: Der Schienengüterverkehr ist unter Druck. Ein Güterzug ersetzt 52 LKWs. Das zeigt schon: Man kann viele Güter auf die Schiene bringen. Es ist völlig unverständlich, obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart, dass man den Schienengüterverkehr stützt, dass jetzt 50 Prozent der Gelder durch den Bundeshaushalt gekürzt worden sind. Minister Wissing ist in der Verantwortung, das vor allem der einzelne Güterwagen, der von Hamburg nach Nürnberg fährt, dass der gefördert wird, weil er bringt Verkehr von der Straße auf die Schiene, kann aber nicht in gewinnbringende Zonen gefahren werden. Das ist ein verkehrspolitischer und volkswirtschaftlicher Auftrag, den die Politik geben muss, aber auch mitfinanzieren muss. dropbox.com

Heike Moll, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von DB Station&Service AG

Bilanz im Bereich Station & Services: Ja, die Bilanz, ich sage jetzt mal aus zweierlei Sicht muss man die sehen. Aus Kundensicht, glaube ich, ist es ein voller Erfolg und der richtige Schritt zum Thema Verkehrswende. Intern sieht die Welt ein bisschen anders aus. Wir haben Corona, wir hatten Ukraine. Also meine Kolleginnen und Kollegen im Service kommen tatsächlich an Belastungsgrenzen. Die Kapazität der Bahnhöfe kommt an Grenzen. Wenn man sieht, wie viel Bahnsteige wir räumen müssen oder sperren, weil sie überfüllt ist. Selbiges, dass wir gar keine Züge mehr reinlassen, weil teilweise Menschen aus Nahverkehrszüge rausspringen, weil Unterführungen/Überführungen voll sind und einfach wild über Gleise rennen. Das Thema ist – ich wünsche mir, dass sie keine schnell Fahr Gleise erwischen, weil das ist lebensgefährlich und das ist ein großes Handicap, wo wir wirklich rund um die uhr am Schauen sind, dass da nichts schiefgeht und nichts passiert. Und wir sind nur heilfroh, dass bisher nichts Größeres passiert ist. dropbox.com

Folgen für Bahnhöfe: Ansonsten Höhenfördertechnik, wenn du im Bahnhof schaust. Aufzüge, Rolltreppen wegen Überlastung bleiben mir die reihenweise stehen. Jetzt ist es so, dass meistens damit was kaputt geht an diesen Rolltreppen und Aufzügen. Wir haben nicht für alles sofort Ersatzteile da. Das heißt auch die stehen länger wie eine Stunde oder zwei. Und das ist, glaube ich, was Station und Service angeht, sind das die größten Probleme. Die Höhenfördertechnik, die Kapazität in den Bahnhöfen. Und die Kolleginnen und Kollegen, die wo wirklich schon über Limit hinweg sind. dropbox.com

Umgang Reisende mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen: Ich hab’s jetzt zweimal selber erlebt, die finde es ganz furchtbar. Ich war mit einer Kollegin in der Service Schicht. Es kam ein Reisender, der hat seinen Zug verpasst. Er selber, weil er zu spät dran war, fragte nach der nächsten Zugverbindung und die Kollegin gab sich Mühe und sagte in die und sagt ‚Ja, sie müssen aber leider zwei Stunden warten, vorher geht nix‘. Dann guckte sie an uns sagt: ‚Sie asoziale Schlampe‘. Was ist das denn für ein Benehmen? Also das sind auch nur Menschen oder arbeiten. Selbiges gestern: Ich komme von München mit dem Zug. Wir hatten einen Notarzt Einsatz im Zug, da konnte keiner was dafür. Steige in Berlin aus. Ein Reisender brüllt zum Lokführer hoch: ‚Du Wichser!‘. Das geht nicht! Also, ich erwarte, dass man vernünftig miteinander umgeht und sie auch benimmt. Denn auch in dem Dienstleistungsbereich sind Menschen. dropbox.com

Kampagne: Es gibt eine tolle Kampagne vom DGB in Verbindung mit der Eisenbahner Verkehrsgewerkschaft „Hier arbeitet ein Mensch“. Da sind ganz viele Dienstleistungssektors dabei sei es Polizei, sei Feuerwehr. Genauso wie der Eisenbahner als Lokführer oder die Eisenbahnerin, die im mobilen Service tätig ist. Wir haben uns bemüht und haben uns wirklich dahinter gehängt, dass es freigegeben wird für die Bahn, diese Plakate. Und wir haben es jetzt als Station und Service geschafft, dass wir drunter schreiben in Kooperation mit der DB Station und Service AG und versuchen jetzt diese Aufsteller an allen Bahnhöfen auszustellen, um dem Reisenden zu signalisieren „Bitte geht vernünftig miteinander um!“ Ich glaube, das gehört sich. dropbox.com

Verbindung Netz und Station & Service: Thema Koalitionsvertrag: Ich bin in einem Bereich, der heißt Station und Service, das heißt, wir sind namentlich benannt in diesem schönen Koalitionsvertrag, wo drinsteht, wir sollen zu einer Infrastruktursparte mit der Netz AG verbunden werden, was völliger Unsinn ist, weil es sind zwei so unterschiedliche Bereiche. Der eine ist komplett auf den Kunden fokussiert, nämlich Station und Service. Während die DB Netz AG komplett auf die Schiene und auf den Transporteur fokussiert ist. Und wir sind der festen Überzeugung, dass macht keinen Sinn, auch wenn die Politik es anders sieht. Ich sage mal, wenn man jahrelang nicht in sein eigenes Unternehmen investiert und schaut, dass da kein Instandhaltungsrückstau zustande kommt, dann kommt irgendwann der Moment, wo ich sage ‚Ach, dann lass ich mir jetzt was Neues einfallen, dann habe ich einen Deckel drüber und dann fällt das gar nicht auf.‘ Wir sind nicht bereit, diese Aktion so mitzumachen, sondern wir werden uns dagegen stellen, weil wir es als grenzenlosen Unfug einfach empfinden. dropbox.com

Forderung Nachfolge Neun-Euro-Ticket:
Mein Wunsch nach dem jetzigen Testlauf des 9 Euro Tickets ist, dass man sich zusammensetzt und mal ehrlich auswertet, nichts schönredet, sondern klar die Baustellen sich mal anschaut, was entstanden sind und was schon da waren, um dann die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Und ich bin ganz ehrlich, da wird viel Geld dazu gehören, dass man dann sagt, eine Möglichkeit wäre vielleicht so, wie es Österreich gemacht hat, die haben alles instand gehalten, haben alles soweit hergerichtet bis hin, dass in der Innenstadt weniger Parkplätze hatten, um dann einen neuen 365 € Ticket auf den Markt zu werfen und zu sagen Das ist jetzt ein Angebot für euch. Übrigens steigt jedes Ticket in Österreich nur das 365 € Ticket bleibt beim Betrag gleich. Und das ist das erst die Rahmenbedingungen, erst die Grundlagen schaffen. Dann kann ich mir so was auf dem Markt gehen und kann dem Kunden die Qualität bieten, die er erwartet. dropbox.com

Ralf Damde, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von DB Regio Schiene / Bus AG

Bilanz Neun-Euro-Ticket: Vor sechs Wochen ging es los. Die Befürchtungen, die wir hatten, sind alle eingetreten. Wir haben kein Nachfrageproblem, sondern wir haben Angebotsproblem. Und das Angebotsproblem zeigt sich immer deutlicher. Wir haben weder genug Fahrzeuge noch genug Personal um den Verkehr zu bewältigen. Die Leute sind sozusagen Oberkante Unterlippe. dropbox.com

Forderungen an Bahn: Wir brauchen vernünftigere Ausschreibungen. „Geiz ist geil“ muss weg. Wir brauchen genügend Fahrzeuge. Wir brauchen genügend Personal. Wir brauchen robuste Fahrpläne. Wir brauchen robuste Infrastruktur. Und dieses muss in den nächsten Jahren aufgebaut werden. So was geht nicht von heute auf morgen. Das wissen wir sehr wohl. Wir müssen es aufbauen. Aber das braucht seine Zeit. Wir brauchen auch das Verständnis der Fahrgäste, dass das nicht von heute auf morgen geht. Weil wenn wir das nicht haben, dann haben wir das Problem, dass die Übergriffe auf unsere Kolleginnen und Kollegen immer wieder mehr werden. dropbox.com

Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Die Mitarbeiter kommen ja zur Arbeit, um einen guten Job zu machen. Sie kommen, um 100 Prozent zu leisten, 100 Prozent zu arbeiten. In den letzten acht Wochen gehen wir mit 200 Prozent. Wir haben Schwierigkeiten mit den Fahrzeugen, was auf den Mitarbeitern abgelagert wird. Wir haben Schwierigkeiten mit der Infrastruktur, was auf den Mitarbeiter abgeladen wird. Alles das ist verfehlte Politik der letzten 30 Jahre seit Bahnreform kommen jetzt wie ein Brennglas durch das 9 € Ticket nach oben. Und die Mitarbeiter können nicht mehr, wollen auch nicht mehr. Und die Mitarbeiter gilt es auch zu schützen. Das sieht man an den zurzeit herrschenden Krankenstände und auch den Ausfällen, die zurzeit in der Branche und im Übrigen nicht nur bei der DB Regio, nicht nur auf der Schiene, auch im Bus zurzeit Schwierigkeiten machen. dropbox.com

Fortsetzungsvoraussetzungen: Wir haben hier erkannt: Wenn das Angebot stimmt, ist der ÖPNV, ist der SPNV, ein System, was die Menschen wollen. Sie wollen aber eine einfache Situation. Sie brauchen nicht in jedem Land 30 Zweckverbände wie Verkehrsverbünde. Sie brauchen eine einfache Regelung. Sie brauchen ein Ticket, was in ganz Deutschland für einen Preis gilt. Und das ist das, was uns die Kolleginnen und Kollegen erzählen. Das ist aber auch das, was uns die Kolleginnen und Kollegen aus den Erfahrungen mit den Gesprächen mit den Fahrgästen erzählen. Und das ist auch das, was wir glauben, was richtig und was gut ist. Und im Übrigen das Geld und die Menschen, die wir dann in den Zweckverbände nicht mehr brauchen, stellen wir gerne bei der DB ein. Wir suchen Lokführer, wir suchen Zugbegleiter. Alles das ist möglich. Und am Ende des Tages sparen wir dadurch natürlich auch nicht einen oder anderen Euro in der Verwaltung. dropbox.com

Umgang Bahn mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen einen Topjob, die haben Wertschätzung verdient. Die Wertschätzung, die zurzeit durch das Unternehmen geistert, ist nicht die, die die Mitarbeiter erwarten. Wir erwarten nicht einen warmen Händedruck. Wir erwarten auch nicht ein warmes Schreiben. Wir erwarten Anerkennung für die Leistung in dieser Zeit und im Übrigen nicht nur in der Zeit des neuen Euro Tickets. Wir hatten Corona vorweg wir hatten die Masken Pflicht. Wir haben alle andere Dinge erschwerte Arbeitsbedingungen. Und dazu gehört es einfach, dass man was tut. Im Rahmen der Wertschätzung als Unternehmen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. dropbox.com

Pressekonferenz vom 27. Juli 2022
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Speaker
  • Martin Burkert, stellvertretender Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
  • Heike Moll, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von DB Station&Service AG
  • Ralf Damde, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von DB Regio Schiene/Bus AG
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